Hinterm Rathaus wächst die Ökumene


Eine Premiere hat am vergangenen Dienstag in der katholischen Pfarrkirche Sankt Gallus und Ulrich stattgefunden: Die Kirchengemeinden beider Konfessionen hielten erstmals am Reformationstag einen gemeinsamen Gottesdienst ab. Als äußeres Zeichen der Ökumene wurde im Anschluss ein Apfelbäumchen im Dr.-Franz-Reich-Garten gepflanzt.

Vor hundert und auch vor fünfzig Jahren sei das gemeinsame Gottesdienstfeiern am Reformationstag noch unvorstellbar gewesen, erinnerte Robert Härtel, Kißleggs katholischer Pfarrer, zu Beginn des Gottesdiensts. Ab dem zweiten Vatikanischen Konzil seien jedoch in wichtigen Fragen Annäherungen erzielt und Gemeinsamkeiten betont werden. „Ich wage die Behauptung, dass wir in den letzten fünfzig Jahren weiter gekommen sind als in den 450 Jahren davor“, gab sich Härtel überzeugt.

In der Predigt erinnerte der evangelische Gemeindepfarrer Jörg Scheerer an die Biografie und Begabung Martin Luthers. Wohlgemerkt des Reformators Martin Luther. Den gleichen Namen trägt nämlich auch der Leiter des Posaunenchors, der den Gottesdienst zusammen mit Organist Noah Werner musikalisch umrahmte.

„Wenn Morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch einen Apfelbaum pflanzen.“ Dieser Spruch, der Martin Luther zugeschrieben wird, stellte Jörg Scheerer in den Mittelpunkt seiner Ansprache. „Das Pflanzen eines Apfelbaums ist ein Symbol, dass Gott für mich und diese Welt eine Zukunft hat“, so der Geistliche. Es sei ein Zeichen dafür, dass man sich mit dem Tod nicht abfinde, denn „wir Christen sind Protestmenschen gegen den Tod“.

„Ökumene muss uns ein Herzensanliegen sein, sonst verkommt sie. Unser gutes Miteinander ist kein Selbstläufer“, mahnte Pfarrer Scheerer und betonte abschließend: „Wir feiern diesen Gottesdienst, weil wir dankbar sind, dass hier in Kißlegg katholische und evangelische gemeinsam unterwegs sind.“

„Vertraut den neuen Wegen“ war Schlusslied des Gottesdiensts. Für die Gläubigen führten die „neuen Wege“ zunächst in den Garten hinter Dr.-Franz-Reich-Haus und Rathaus. Dort nämlich pflanzten die Geistlichen zusammen mit Kirchengemeinderäten beider Konfessionen ein Apfelbäumchen als Zeichen der Ökumene. Er soll in die Höhe, Breite und Tiefe wachsen, waren sich die Pfarrer einig. Nach dem Angießen des Baums stimmte der Posaunenchor das „Großer Gott wir loben dich“ an.

BU 1: Erbeten für die Gläubigen gemeinsam den Segen: Pfarrer Jörg Scheerer und Pfarrer Robert Härtel.

BU 2: Richten das Bäumchen aus, während Christof Mayer (erster von links), evangelischer Kirchengemeinderat, die Erde anbringt: Pfarrer Robert Härtel und Pfarrer Jörg Scheerer (zweiter und dritter von links).

SZ-Bericht: Paul Martin